Radikale Innovation ist die Schaffung unabhängiger, neuer Produkte, Dienstleistungen, Prozesse, Technologien, Absatzmärkte und Geschäftsmodelle. Es kommt nicht selten vor, dass dadurch bestehende Lösungen ersetzt und auch eigene Märkte kannibalisiert werden.
Radikale Innovationen sind deutlich umfangreicher als inkrementelle Innovationen, die sich auf die Optimierung und Weiterentwicklung fokussieren, denn radikale Innovationen schaffen etwas Neues. In der Regel sind damit Lösungen gemeint, die für eine gesamte Branche oder zumindest einen weiten Teil der Branche gänzlich neu sind. Die Unternehmen, die radikale Innovationen vorantreiben, stärken damit ihren langfristigen Erfolg gegenüber der Konkurrenz. Radikale Innovationen werden wie inkrementelle Innovationen vom Ideenmanagement und Innovationsmanagement innerhalb einer Organisation abgebildet. Beispiele für radikale Innovationen sind:
- Plattform für weltweite Fahrtvermittlungen von privaten Fahrern auf Provisionsbasis. Diese verdrängen an manchen Orten das klassische Taxi und Beförderungskonzept vollständig.
- Einführung des ersten Smartphones als Gesamtkonzept mit gänzlich neuem Bedienkonzept und Plattformgedanken für Apps. Diese hat innerhalb weniger Jahre das vorher existierende Handygeschäft stark verändert, wenn nicht sogar vollständig verdrängt.
- Die Vermietung von Flugzeugturbinen nach dem „Pay-per-Use“ Prinzip. Diese führte zu einem neuen Geschäftsmodell, das auf eine Neuverteilung von Risiko, Daten und Gewinnmargen abzielt.
Radikale Innovationen beruhen immer auf vorhandenem Wissen und Technologien. Das Ziel ist aber, etwas für die eigene Branche gänzlich Neues zu schaffen. Daher werden in diesem Bereich spezielle Methodiken eingesetzt, um z. B. Analogien und übertragbare Konzepte aus anderen Bereichen zu finden und für sich zu nutzen. Hierbei wird das eigene Geschäftsmodell grundsätzlich hinterfragt. Radikale Innovationen sorgen dafür, dass sich ein Unternehmen in großen Schritten weiterentwickeln kann, was allerdings nur mit entsprechenden Veränderungen im eigenen Geschäftsmodell möglich ist. Im Gegensatz zu inkrementellen Innovationen bieten radikale Innovationen das Potenzial, die Rentabilität, also den Gewinn pro Umsatz, deutlich zu steigern.
Radikale Innovationen, oft auch disruptive Innovationen genannt, zielen auf einen langfristigen Erfolg von Unternehmen ab, indem sie neue Märkte und Kundengruppen erschließen, die mit dem alten Geschäftsmodell, Produkt oder der alten Dienstleistung nicht erreichbar waren. Dies geschieht entweder durch völlig neue Kundennutzen, die ein neues Produkt bietet, extreme Kostensenkungen oder gänzliche neue Geschäftsmodelle. Radikale Innovationen können dabei sowohl bestehende Märkte vollständig verändern als auch neue Märkte erschaffen, die vorher in dieser Branche nicht existierten.
Merkmale radikaler Innovation:
- Nur wenige Innovationen sind radikal
- Verhältnismäßig großes Risiko
- Langfristige Erfolgsausrichtung
- Revolutionär und nicht linear
- Etwas grundlegend Neues wird geschaffen
- Benötigt gut durchdachtes Vorgehen (Innovationsprozess) und viel Kreativität
- Wichtig für neue Märkte und Kunden
Entstehung radikaler Innovation
Radikale Innovationen entstehen selten aus konkreten Ideen, die von z. B. Mitarbeitern direkt eingebracht werden. Diese Ideen müssen gezielt gesucht werden. Im Rahmen des Ideenmanagements bieten sich dafür verschiedene strukturierte und kreative Methodiken an. Eine dieser Methodiken ist Design Thinking, wie in Abbildung1 dargestellt. Design Thinking besteht aus 6 Phasen, die von dem Verstehen, dem Beobachten und dem Ableiten der Herausforderung, über die Ideengenerierung und Prototypenentwicklung bis zum Testen des Ergebnisses die Grundlage für radikale Ideen schaffen kann. Mehr Informationen finden Sie hierzu in unserem Artikel „Was ist Design Thinking?“ und unserem Workshopangebot.
Es gilt aber zu beachten, dass radikale Innovationen deutlich schwieriger und aufwändiger zu finden, zu entwickeln und zum Erfolg zu führen sind als inkrementelle Innovationen. Es gibt hier keine allgemeingültige Erfolgsformel, viel mehr muss jedes Unternehmen für sich herausfinden, worauf es den Fokus legen möchte und welche Veränderungen angestrebt werden sollen. Nur dann können die richtigen Innovationsmethoden ausgewählt und Entscheidungen getroffen werden.
Die Veränderungen, die radikale Innovationen mit sich bringen, sind oft tiefgreifend und gestalten nicht nur Märkte und Produkte neu, sondern vor allem auch das eigene Unternehmen und wie es arbeitet. Die Änderungen reichen von einer neuen Unternehmenskultur über neue Prozesse bis hin zu einem neuen Geschäftsmodell, was in der Folge neue Arbeiten schafft und alte überflüssig macht. Hierbei gehen Unternehmen, die es schaffen, ihre Mitarbeiter in den Prozess mit einzubinden, als Gewinner hervor. Diese Unternehmen werden oft als innovativ, Vorreiter und Innovationschampions wahrgenommen. Wenn ein Unternehmen sich aktiv für radikale Innovationen einsetzt und diese gesamtheitlich vorantreibt, ist es nicht selten der Fall, dass dieses Unternehmen als nächster Trendsetter und Marktmacher ausgerufen wird.
Auf Phasen radikaler Innovationen folgen stets Phasen des Gleichgewichtes, wie in Abbildung2 dargestellt. Innerhalb dieser Gleichgewichtsphasen finden typischerweise inkrementelle Innovationen, die die neue radikale Innovation weiterentwickeln und optimieren, statt. Ein Beispiel dafür war die Einführung des ersten Smartphones als radikale Innovation. Aufgrund des gänzlich neuen Bedienkonzeptes und Plattformgedankens für Apps wurde ein neuer Markt mit einem neuen Kundenutzen geschaffen. Die darauffolgenden, inkrementellen Innovationen waren z. B. die bessere Handhabung, Laufzeit, Displays und Kameraqualität, die das Produkt schrittweise weiter optimiert haben.
Die Erfolgsgeheimnisse von inkrementellen und vor allem von radikalen Innovationen liegen in dem Management und Führungsstil, sowie der Innovationskultur des Unternehmens. Als erster Erfolgsfaktor ist der Führungsstil wichtig, da weniger klassische Manager- aber mehr Leader-Eigenschaften benötigt werden. Die Entwicklung von radikalen Innovationen benötigt größere Freiräume und Unabhängigkeit, die durch eine Zielvorgabe und die richtige Führung ermöglicht werden. Nur dadurch kann sich etwas Unabhängiges und Neues richtig entwickeln. Dies folgt ganz dem Motto „Führen, statt Managen“. Das zweite essentielle Erfolgsgeheimnis ist die Innovationskultur, die im Unternehmen vorherrscht. Dabei müssen vorhandene Hemmnisse und Vorurteile gefunden und ausgeräumt werden. Es gilt mit klassischen Handlungsmustern zu brechen und neue Anreize für mehr Kreativität und Risiko zu schaffen. Nur so ist es überhaupt möglich, Ideen zu entwickeln und nicht durch die eigene Organisation und ablehnende Mitarbeiter ausgebremst zu werden.
Radikale Innovationen sind Investitionen in den langfristigen Erfolg von Unternehmen. Kurzfristig sind sie ausschließlich verlustbehaftet und weisen diverse Risiken auf. Dafür bieten sie Unternehmen aber die Chance, neue Märkte, neue Kunden und neue Produkte zu entwickeln, die die Zukunft gestalten und deutlich höhere Gewinnmargen auf noch konkurrenzlosen Märkten bieten.
Inkrementelle vs. radikale Innovation
Die inkrementellen Innovationen sind heute oft nicht mehr ausreichend, um sich nachhaltig von Wettbewerbern abzugrenzen und dem gestiegenen Entwicklungstempo von neuen Produkten zu folgen. In Zeiten der immer größer werdenden Vernetzung, Globalisierung und Digitalisierung müssen Unternehmenden flexibel, schnell und anpassungsfähig sein. Das gelingt nur den Unternehmen, die auch bereit sind, sich und ihr Geschäftsmodell radikal zu hinterfragen und weiterzuentwickeln. Dabei müssen im Rahmen des Innovationsmanagements vor allem die folgenden Aspekte betrachtet werden:
- Kooperationen, Partnerschaften und Zusammenarbeit mit externen Personen, Universitäten und Unternehmen
- Innovations- und Mitarbeiternetzwerke für den internen und externen Wissensaustausch
- Innovationskultur, die Fehler als Chance akzeptiert, Kreativität fördert und Veränderungen gutheißt
- Offenheit für neue und auch von extern stammende Ideen
- Bereitschaft, gewohnte Routinen abzulegen
- Bereitschaft, Freiräume und Ressourcen zur Verfügung zu stellen
- Ausrichtung auf langfristigen Erfolg anstatt kurzfristiger Optimierung
Radikale Innovationen sind gegenüber inkrementellen Innovationen eher selten, da der Neuheitsgrad und die Marktauswirkung bei radikalen Innovationen deutlich größer sind, wie in Abbildung3 dargestellt. Sie benötigen mehr Kreativität, Freiräume, Entwicklungszeit, Änderungsbereitschaft, Bereitschaft zur Kannibalisierung eigener Märkte und haben ein deutlich höheres Risiko. Je größer die Veränderung ist, desto weniger Daten und Wissen ist über Marktgröße, Umsatzpotenzial, Kundenverhalten und Trends vorhanden, sodass diese radikalen Ideen eher scheitern. Für den langfristigen Erfolg und die Weiterentwicklung eines Unternehmens ist es aber essentiell, dass radikale Innovationen parallel zu inkrementellen Innovationen in ein Unternehmen Einzug halten. Diese Strukturierung und Steuerung von Innovationen wird über das Ideen- und Innovationsmanagement abgebildet.